Wie sich die Gerichtskosten reduzieren lassen
15. August 2023
Wie sich die Gerichtskosten reduzieren lassen
Der Geschäftswert einer Nachtragsliquidation von Kapitalgesellschaften beträgt im Regelfall 60.000 €. Hieraus allein ergeben sich für den Antragsteller (Eigentümer) Gerichtskosten in Höhe von 1.466 €. Diese Kosten lassen sich in den meisten Fällen reduzieren, wenn man die richtige Argumentation kennt und der Fall dies hergibt. Im Fall unten bezahlte der Eigentümer dank des Betreibens des Nachtragsliquidators daher statt 1.466 € (auf 60.000 € Geschäftswert) nur 322 € (auf 5.000 € Geschäftswert).
Sachverhalt und Urteil
Das aktuelle Urteil des OLG Karlsruhe vom 28.06.2023 (Az. 14 W 51/23 (Wx)) soll kurz vorgestellt werden: Hier beschäftigte sich das Gericht mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen der Geschäftswert vom Regelfall (60.000 €) abweichend herabgesetzt werden kann. Im Fall des OLG Karlsruhe beantragte der Beteiligte, einen Nachtragsliquidator für die gelöschte Gesellschaft zu bestellen, um Ansprüche für sich aus einer Rückdeckungsversicherung geltend zu machen. Das Amtsgericht bestellte einen Nachtragsliquidator, wobei dessen Wirkungskreis auf die Abwicklung der Rückkaufwerte beschränkt war. Dabei setzte das Amtsgericht den Regelgeschäftswert von 60.000 € auf Betreiben des Nachtragsliquidators auf 5.000 € herab. Dies bestätigte das OLG Karlsruhe.
Begründung des OLG Karlsruhe
Das OLG Karlsruhe führt in seiner Entscheidung aus, dass die Herabsetzung aufgrund der besonderen Umstände gerechtfertigt sei. So sei die Nachtragsliquidation aus rechtstechnischen Gründen notwendig gewesen, um die Altersvorsorgebeträge zu übertragen. Ein wirtschaftliches Interesse der Gesellschaft selbst oder ihrer Gesellschafter respektive Gläubiger sei dagegen nicht festzustellen. Hinzu komme, dass der Wirkungskreis des Nachtragsliquidators auf im Wesentlichen eine Handlung beschränkt war.
Auch sei das Verfahren mit wenig Aufwand für das Gericht verbunden gewesen, da dessen Tätigkeit im Wesentlichen in der Überprüfung der persönlichen Eignung des Nachtragsliquidators sowie im Erlass des (sehr kurzen) Bestellungsbeschlusses bestanden habe. Angesichts der fehlenden Betroffenheit anderer Beteiligter sei auch nicht mit Widerspruch von dritter Seite zu rechnen gewesen. Schließlich sei der Geschäftswert auch unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung herabzusetzen gewesen.
Fazit
Der Beschluss des OLG Karlsruhe berücksichtigt somit die besonderen Umstände des Einzelfalls. Das ist zwar gut und richtig, aber leider nicht selbstverständlich. Ohne weitere Argumentation kommt es häufig vor, dass die Gerichte den Regelgeschäftswert festlegen, der zu den o.g. Kosten von 1.466 € führt. Oftmals erfolgt dies allerdings eher aus Unkenntnis der aktuellen Rechtsprechung als aus böser Absicht.
Aus unserer praktischen Erfahrung können wir daher bestätigen, dass die meisten Amtsgerichte sich überzeugen lassen, wenn die Argumente stimmen. Daher sollte immer versucht werden, die Gerichtskosten zu reduzieren; zu diesem Schritt raten wir bewusst und unterstützen gern im Verfahren, indem wir die einschlägige Rechtsprechung zur Verfügung stellen.
Wenn Sie eine kostenlose Ersteinschätzung benötigen oder einen konkreten Fall haben, sprechen Sie uns gerne an. Unsere Experten Dr. Lukas Lindner oder Michael Semder beraten gerne!